Vielen Dank für nichts, Connewitz.
Am Sonntagabend (14.05.2017) sind auf der Arno-Nitzsche-Straße in Leipzig zwei Frauen und ein kleines Kind verbal und körperlich attackiert worden. Sie konnten sich, den Angreifer auf den Fersen, noch in einen nahegelegenen Späti flüchten, wo sich aber weder das Personal, noch die zahlreichen Kunden genötigt sahen, ihnen zu helfen. Niemand schritt ein und trotz der deutlichen Bitte, die Polizei zu verständigen, reagierte keiner. Nur dank eines Bekannten, der zufällig in der Nähe war, konnte Schlimmeres verhindert werden.
Ich gebe hier einen Text von Dritten wieder. Mir sind Beteiligte bekannt, ich habe den Vorfall aber nicht selbst erlebt und war auch kein Zeuge. Mich macht das Geschehene jedoch so wütend, dass ich der Schilderung hier gern Platz gebe. Für den Ablauf, so, wie er hier dargestellt ist, gibt es eine ganze Reihe an Zeugen.
Es folgt als Zitat die Darstellung der Betroffenen.
Was ist genau vorgefallen?
Zwei Leipziger Frauen und ein Kind befanden sich am 14.05.2017 gegen 19 Uhr auf dem Weg vom Connewitzer Straßenfest nach Hause, wobei eine der beiden Frauen eine Pfandflasche am Straßenrand abstellte. Ein vorbeifahrender Radfahrer hatte dies offenbar beobachtet und begann sofort sie anzuschreien — dies wäre (O-Ton) „sein Viertel“ und sie könnten hier keinen Müll abstellen. Sie ignorierten den Mann zunächst, doch dieser überquerte die Straße, stellte sein Rad ab und ging wild schreiend und sie weiter beleidigend auf die Frauen zu. Als er — offenbar völlig von Sinnen — auch noch begann, die Mutter vor den Augen des Kindes zu packen und tätlich anzugreifen, zückte deren Freundin ihr Pfefferspray und konnte ihn so zunächst abwehren.
Panisch flüchteten die drei nun in den nahegelegenen Spätverkauf „Rusty“ (Bernhard-Göring-Str. / Arno-Nitzsche Straße), wohin sie der groß gewachsene und sportlich gekleidete Mann verfolgte und wo er seine Hasstiraden fortsetzte. Die sichtlich aufgeregten Frauen flehten den Verkäufer mehrmals an, die Polizei zu rufen, doch dieser reagierte darauf nicht. Zwar gestattete er ihnen, neben dem Tresen Schutz zu suchen, doch jegliche weitere Hilfe, um die er gebeten wurde, verweigerte er. Auch hielt er es nicht für nötig, den pöbelnden, an den Frauen rumzerrenden und weiter drohenden Mann aus dem Laden zu entfernen. Stattdessen verkaufte er weiter an seine Kunden, denen der Vorfall wohl auch egal war.
Das drei weinende und verängstigte Personen — darunter ein kleines Kind — von einem offensichtlich total durchgedrehten Typen bedroht und (u.a. als „Schlampen“) beschimpft wurden, interessierte sie nicht. Völlig unbegreiflich erscheint auch, dass sich die auf dem Freisitz befindlichen Personen (und das waren nicht wenige) in keiner Weise genötigt fühlten, auf die Hilferufe zu reagieren. Und das am helllichten Tag mitten in Connewitz!
Erst einem herbeigerufenen Bekannten, der zufällig direkt um die Ecke war, gelang es schließlich, den Mann nach draußen zu drängen und die Situation zu beruhigen. Der Angreifer machte sich daraufhin mit seinem Fahrrad auf und davon.
Was bleibt?
Ein völlig traumatisiertes Kind und zwei verängstigte Frauen, die sich im Stich gelassen fühlen und auch Tage später noch total verunsichert sind.
Den Betroffenen war und ist klar, dass man solchen durchgeknallten Typen überall begegnen kann, aber die Gleichgültigkeit und fehlende Solidarität der anwesenden Leute — und das mitten in Connewitz — hat sie schockiert. Dass drei ganz offensichtlich körperlich unterlegene Menschen in dieser Form attackiert werden, panisch flüchtend um Hilfe bitten, jedoch keiner den Arsch in der Hose hat, sich einzumischen oder zumindest die Polizei zu rufen, macht sprachlos und wütend. Unfassbar, dass so etwas in unserem Viertel passieren kann. Und ein Armutszeugnis für diesen Möchtegern-Kiez-Späti und die ignoranten Konsumenten. Einfach erbärmlich.
Was soll diese Mitteilung überhaupt?
Wir wollen, dass die Leute davon erfahren, was passiert ist und wie ignorant die Leute in und um das „Rusty“ reagiert haben — alle sollen wissen, wie erbärmlich ihr Verhalten war!
Es geht aber auch darum, den Betroffenen zu zeigen, dass sich andere Menschen für sie einsetzen und es uns ganz und gar nicht egal ist, wenn es zu solchen Übergriffen kommt. Wir hoffen, dass zukünftig mehr Leute das tun, was eigentlich das normalste von der Welt sein sollte: Solche Typen in die Schranken weisen statt unbeteiligt auf das Sonntagsbier zu starren. Dann müsste hier nämlich auch niemand Angst haben...
Danke für Eure Aufmerksamkeit!
Das Zitat endet hier.
Ich habe dem nur hinzuzufügen: Wenn es im Jahre 2017 eure Solidarität ist, um einen Angreifer und zwei weinende Frauen MIT KIND, verdammte Scheiße, rumzusitzen und zu glotzen, dann fickt euch.