RPC 2009 in Köln
Messebericht von der "Role Play Convention" im April 2009 in Köln. Mit Bildern! :-)
Vom 03. bis 05. April lud die "Role Play Convention" (sic!) auf die Messe nach Köln. Meine erste RPC! Laut Selbstdarstellung ein großes Mischereignis aus Computer-, Live- und Stift-Papier-Rollenspielen, dazu Tabletop und Sammelkarten.
Dabei entsprang mein Besuch tief im Westen eher dem Zufall. Über das Webforum Tanelorn hatte ich ein paar Leute aus dieser Gegend kennengelernt, und die RPC bot einen willkommenen Anlass, diese neben anderen Zugereisten einmal persönlich zu treffen.
Bei strahlendem Sommerwetter ging es für mich also in einem nicht klimatisierten IC -.- vom mittleren Osten (vulgo: Leipzig) quer durch Deutschland ans Rheinufer.
Am Freitag war die RPC durchaus schlecht besucht. Gut, das verwundert nicht, nach Angaben von Einheimischen war es der erste richtig warme Frühlingstag, außerdem öffnete die RPC zum ersten Mal bereits Freitags ihre Tore. Dem Spaß am Besuch tat das keinen Abbruch, ich konnte in Ruhe schauen, stöbern und quatschen. Die Aussteller gaben sich natürlich skeptisch und hofften auf dem Samstag.
Die RPC belegte zwei für Messeverhältnisse mäßig große Hallen. Deren erste, hinter dem Südeingang gelegen, war von den digitalen Spielen in Beschlag genommen. In schummerigem Licht waren dort ausladende Messestände für Games und LARP-Equipment aufgebaut. In die zweite Halle gelangte man durch eine mit Glas überdachte Zwischenhalle (von der noch zu sprechen sein wird), die auch ein Cafe beherbergte. Halle 2 bot dann alles, was das Spielerherz begehrt: Verlags- und Miniaturenstände, LARP-Vereine, Sammelkarten- und Tabletop-Spieltische usw. usf.
Illustrator Larry Elmore signiert.
Für mich fühlte sich die RPC eher wie eine Messe als eine "Convention" an, das Bild war doch vor allem durch Verkaufsstände geprägt, dazu umherziehende Hostessen in mehr oder weniger phantasievollen Kostümen (wobei der Mangel an Phantasie regelmäßig mit einem Mangel an Stoff korrelierte), die Flyer verteilten.
Ein paar WoW-Heads durften auch in Halle 2.
Das recht vollmundig angekündigte Freigelände entpuppte sich als eine Art karger Riesenbalkon mit malerischem Blick auf den Messeparkplatz, Container und Industriebauten. Aber es gab eine anständige Bühne, jede Menge Zelte mit Alkoholika und Objekten für das LARPer-Herz (aber seltsamerweise kaum was zu essen). Auf der Bühne war praktisch ständig Programm mit, soweit ich das mitbekommen habe, wirklich guter Musik.
Gleich am ersten Tag hatte ich das Vergnügen, unter anderen Kinshasa Beatboy, Greifenklaue, Jörg D. und Crimson King zu treffen, in jedem Fall eine sehr angenehme Begegnung. Außerdem versenkte ich ein paar Euros in Regelwerken und Fanzines, aber das kennt der geneigte Leser sicher. Darunter war auch Dominik Wäschs "Spielleiten", womit ich jetzt auch "das andere" Buch für Spielleiter besitze. ;-)
Greifenklaue strahlt, obwohl erst Freitag ist.
Am Samstag, bei kühlerem Wetter, füllten sich die Hallen ganz erheblich. Keine Massen (für Leipziger Verhältnisse), aber richtig anständig voll.
Gedränge an Mythodeas Waffenkammer.
Angenehm fand ich, dass die vielen doch sehr verschiedenen Spiele eng beieinander zu finden waren und mindestens zum neugierig Schauen oder zum Ausprobieren einluden. Auch die Bandbreite der Stände, von richtig Indie über Kleinverlage bis zu den Platzhirschen, war gut. Und schließlich die unterschiedlichen Hobbies, vom Miniaturen Bemalen über LotR-Kostüme nachbauen bis hin zum guten alten Pen&Paper, dicht gepfercht, das hatte schon was.
Na gut. Nervig waren die plärrenden, bahnhofartigen Durchsagen: "Achtung, Achtung! In zeeehn Minuten liest Blaah Blaah Blaaah im Lesecafe! Blaah Blaah Blaaah in zehn Minuten! Danach liest Blaah Blaaah!" Hallo? Hier spielen Leute Spiele, die ganz wesentlich auf ungetrübter Sprachkommunikation beruhen?
Auch die kühle Messehallenatmosphäre in Halle 2 fand ich mit der Zeit äußerst unpassend. Wie gesagt, Halle 1 schummrig, hier und da gar ein paar farbige Scheinwerfer. Halle 2: Neonlicht allüberall, nackte Betonsäulen, karge Wände. Das ist jetzt nicht nur eine persönliche Befindlichkeit, auch Händler haben sich über das unpassende Licht und die mangelnde Deko beklagt. Wir sind doch nicht auf einer Zulieferermesse hier.
Willkommen in einer Messehalle. Atmosphäre? Naja.
Aber das war alles erträglich. Richtig grauenhaft waren die sogenannten Workshops. Die Workshop"räume" wurden per Pappaufsteller im überglasten Raum zwischen den Hallen geschaffen. Das hatte zwei Vorteile: Erstens verpasste man so in akustischer Hinsicht zu keinem Zeitpunkt, was parallel in den Hallen zur Linken und Rechten los war. (Auf der Bühne in Halle 1 etwa wurde gerade zu lauter Musik Zockerhardware an tobende Teenies verschenkt, aber nur, wenn das Publikum richtig brüllte.) Zweitens konnte man per Glasdach nebenbei den traumhaften Sonnenschein, der sich nachmittags einstellte, genießen, in vollem Gegenlicht, und wurde dabei nicht unnötig durch das nunmehr kaum erkennbare Beamerbild des Vortragenden abgelenkt.
Aber auch inhaltlich wurde Unvergessliches geboten. Die Veranstalter hatten die Workshops in zwei Gruppen aufgeteilt und eine davon mit "professional" betitelt. In der einen also Allgemeines für Unbedarfte (DSA-Vorschau), in der anderen was für Profis. Experten. Erfahrene.
Ganz offensichtlich haben die Programmverantwortlichen aber sicherheitshalber nicht damit gerechnet, dass sich irgend jemand von dieser Sorte auf die RPC verirrt. Anders sind mir Profiworkshops wie "Was ist so interessant an Massive Multiplayer Online Gaming?" nicht erklärlich. Halbwegs interessant klang noch "Community Management" des Publishers dtp, das war Titelthema einer der letzten Ausgaben von "Making Games" und dort schon interessant zu lesen. Als sich die Referentin dann aber hinstellte und mit süßlichem Grinsen in die Runde fragte: "Sooo [liebe Kinder, Ergänzung des Autors], was glaubt ihr denn, was so ein Community Manager eigentlich den ganzen Tag macht?", um dann noch Gruppenarbeit anzukündigen, floh ich. Es gelang, trotz Abzügen.
Gut, zu freudigeren Dingen. Ich habe endlich einmal "Nornis" angespielt, und zwar direkt beim Mit-Autor Maiko Hering, der vor allem für das Regeldesign verantwortlich zeichnet. Das Spiel war mir bereits beim letzten NordCon aufgefallen. Ich metzel- und rätselte mich also durch einen kurzen Dungeoncrawl, um die Kampf-, Fertigkeits- und Magiemechaniken anzutesten. Fazit: Technisch ein schönes, durchaus minimalistisches und sehr kohärentes System, so wie ich das mag. Gute Abbildung des Geschehens und ein interessantes, weil modulares und recht freies Magiesystem. Feine Sache!
LARP-Dorf. Das ist Samstag zur besten Zeit!
Auf dem Gelände traf ich an bekannten Gesichtern noch Zoombot aus Hamburg und Sabine Weiß, die als fliegende Grafikerin ihr Lager aufschlug. In privater Runde gab es später abends einen zünftigen Umtrunk Tanelorn-Aktiver, zu dem sich auch Dammi, Kathy und Boba Fett gesellten.
Jemand hatte zwei Tüten Kekse mitgebracht. ;-)
Sonntag war es wieder etwas leerer. Ich war mit einem Würfelsatz bewaffnet, aber hatte irgendwie keine Lust auf Spielen in dieser Atmosphäre. Also schaute ich, dem Ruf meines aktuellen Arbeitsgebietes folgend, mal bei den digitalen Spielen vorbei. Und, Überraschung: da waren durchaus exklusive Sachen zu sehen, neben dem unvermeidlichen WoW und dem brandneuen virtuellen Sammelkartenspiel "Battle Forge" so etwa eine spielbare Alphaversion von "Jumpgate Evolution", das mich möglicherweise von meinem Favorit "Vendetta Online" abbringen könnte (wenn ich es unter einem vernünftigen Betriebssystem zum Laufen bekomme ;-) ).
Messestände in der Gameshalle. Botschaft: wir sind nicht Indie!
Mit Sabine Weiß habe ich auch nochmal gesprochen, um einen der großen Kritikpunkte an meinem Buch über methodische Spielleitung zu beheben: es gibt darin überhaupt keine Illustrationen! ;-) Mehr dazu bei den Neuigkeiten.
Abends leitete ich im kleinen Kreis noch eine Runde DREI. Zwei kargadische Jungspunde wurden in eine Bedrohung des heiligen Schädelschreines des Clans verwickelt. Inhaltlich weder episch noch spektakulär, aber brachte Spaß und die Erkenntnis: ADR steht und fällt mit der Bereitschaft der Spieler zum lebendigen Figurenspiel.
Tja, liebe RPC: Was bist du? Und was wirst du? Wenn die gamescom in Köln bleibt (was keiner ernsthaft hoffen kann, die Spiele gehören nach Leipzig), ist die Frage, ob die Aussteller der Halle 1 wirklich zwei Mal im Jahr auf eine Kölner Messe fahren können und wollen. Und für die Fläche der RPC fühlte es sich selbst am Samstag nicht immer richtig voll an. Unterm Strich, das Konzept ist interessant, die Mischung angenehm. Ein passenderer Ausrichtungsort (oder hilfsweise: etwas mehr Aufwand hinsichtlich Deko und Licht) wäre wünschenswert.
Ich jedenfalls habe jetzt Lust auf einen richtig guten Con. ;-)
Florian Berger, im April 2009