florian berger

KISSWIN-Tagung, 18. Januar 2012 in Berlin

Am Mittwoch, 18. Januar 2012, fand die KISSWIN-Tagung 2012 im bcc Berlin statt. Das Motto war "Lust auf wissenschaftliche Karriere in Deutschland! - Wege, Förderungen und Netzwerke im Überblick".

Dieser Text verwendet das generische Maskulinum.

Bereits bei der Registrierung wusste die Veranstaltung mit professionellem Habitus zu beeindrucken. Registrierung alphabetisch aufgeteilt, Lounge-Musik vom DJ, Kinderbetreuung und öffentlicher PC für Tweets versprachen eine gute Organisation. Der Andrang war groß, im Plenum für die ersten drei Vorträge saßen mehr als 400 Teilnehmer.

Helge Braun: Wissenschaft als Beruf

Eröffnet wurde die Tagung, nach Anmoderation durch Karsten Schwanker vom ZDF und dem ersten einer Reihe selbstironischer Video-Einspieler, von Helge Braun (BMBF). In seinem sympathischen, motivierenden Vortrag "Wissenschaft als Beruf" wies er auf die Bedeutung junger Wissenschaftler hin: grundlegende Erkenntnisse entwickeln regelmäßig Menschen in den 30ern, nicht Professoren von 55 Jahren. Nach dem Hinweis darauf, dass sich keine deutsche Hochschule unter den internationalen Top 50 befindet, konnte er trotzdem nicht umhin, ein kleines Loblied auf deutsche Standfestigkeit in Krisenzeiten zu singen: Deutschland produziere mit 2% der Weltbevölkerung immerhin 10% der wissenschaftlichen Publikationen. Sein Vortrag schloss mit dem Hinweis, dass inzwischen Industrieunternehmen beginnen, den öffentlichen Dienst hinsichtlich der Familienfreundlichkeit zu überholen. Hier bestehe Handlungsbedarf.

Andreas Keller: Karriereperspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs

Mit dem Vortrag von Andreas Keller von der GEW nahm die Tagung Fahrt auf. Keller ist bekannt durch das Templiner Manifest, eine Initiative für bessere (und das meint zur Zeit vor allem: normale und menschliche) Arbeitsbedingungen insbesondere für junge Wissenschaftler. (Wer das Manifest noch nicht kennt, kann es hier unterzeichnen.)

Keller wies zum Einstieg auf den bemerkenswerten Umstand hin, dass es in Deutschland für den sogenannten "wissenschaftlichen Nachwuchs" innerhalb des akademischen Systems keine andere Perspektive gebe als die Berufung auf eine Professur. Die allerdings erreichen nur die Allerwenigsten, die mit diesem Ziel einst ihre Promtion begonnen haben. Eine Grafik von Reinhard Kreckel, die akademische Arbeitsverhältnisse zwischen Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA vergleicht, unterstrich dramatisch, dass es in Deutschland keinen akademischen Mittelbau gibt: Assistant Professors und Associate Professors, die anderswo die Hälfte des akademischen Personals stellen, sind hierzulande unbekannt.

Befristung im internationalen Vergleich. Quelle: Reinhard Kreckel

Daneben stellte er die nicht anders als dramatisch zu bezeichnende Ausweitung befristeter Arbeitsverhältnisse vor: heute kommen auf eine unbefristete Stelle acht befristete, im Bundesdurchschnitt, inklusive Fachhochschulen. 2005 war das Verhältnis noch eins zu vier. Gleichzeitig haben 53% der Befristungen eine Laufzeit von unter einem Jahr. Verträge mit mindestens zwei Jahren Laufzeit bezeichnet der von Keller zitierte Evaluationsbericht zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz bereits als "langfristig". Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.

In zurückhaltender Sprache, aber deutlich in der Sache kam Keller zum Fazit, dass in Deutschland erhebliche Strukturdefizite bestehen: eine eindimensionale Ausrichtung auf die Professur, fehlender Mittelbau zwischen Professoren und "Nachwuchs", prekäre Beschäftigungsverhältnisse und eine gläserne Decke für Frauen in der Wissenschaft. Das, so Keller, hat negative Auswirkungen auf den Arbeitsplatz Wissenschaft - wer will in ein solches System? - sowie für Forschung, Lehre und das Wissenschaftsmanagement.

Als Perspektive setzte er die Forderungen des Templiner Manifestes dagegen, die ich hier nicht detailliert ausführe. Kompliziert werde eine Wendung zum Besseren auch dadurch, dass man an verschiedenen Stellen ansetzen müsse: die europäische Ebene, Bund, Länder, Hochschulen. Ein Instrument könnte dabei eine Vergabepolitik für Finanzierungen und Förderungen sein, die sich an der Einhaltung fairer, nachhaltiger Standards in den geförderten Programmen orientiert.

Mit angesichts der Faktenlage bemerkenswerter Zurückhaltung zitierte Keller die Stellungnahme der Wissenschaftsorganisationen, die im Dezember 2011 forderten, dass WissZeitVG unverändert fortzuführen. Da sie sich im selben Schreiben zu freiwilligen Standards bekannten, legt die GEW ihnen prompt einen auf fünf Punkte eingekochten "Kodex guter Personalpolitik" vor. Geschickt greift dieser funktionierende Beispiele aus anderen europäischen Ländern auf, so den "Qualifizierungsvereinbarung" genannten Tenure Track in Österreich. Mit einigen offenen Fragen - Warum gibt es an Universitäten keine Überbrückungsfonds, um die Lücke zwischen zwei Projektanstellungen zu füllen? Warum werden mit regelmäßig eingeworbenen Drittmitteln aus der öffentlichen Hand keine unbefristeten Stellen geschaffen? - schloss der Vortrag.

Man darf die Organisatoren zur Einladung von Herrn Keller beglückwünschen. Sein an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassender Vortrag setzte den Rahmen für die restliche Veranstaltung, was zahlreiche folgende Zitate, Rückbezüge und Forderungen aus dem Plenum zeigten.

Podiumsdiskussion "Qualität in der Wissenschaft"

An der folgenden, von Martin Spiewak geleiteten Diskussion nahmen Frank-Detlef Drake, Sybille Hinze, Prof. Manfred Hennecke, Prof. Karin Donhauser und Stefan Meldau teil. Neben Kellers kaum zu ignorierender Vorlage schwebte auch Guttenbergs Schatten über allem. Ich gebe ein paar Schlaglichter wieder:

  • Meldau: "Im Studium hatten wir kein Seminar 'gute wissenschaftliche Praxis'. Das kam erst in der Promotionsphase."
  • Donhauser aus ihrem Fach, der Sprachhistorik: "Wenn Sie eine Arbeit sehen, wo alle Daten zur Theorie passen, wurde schlampig gearbeitet."
  • Donhauser: Manche Forschungsgebiete schreiten nur langsam fort. Wenn man hier die selben auf Geschwindigkeit und Volumen getrimmten Anreizsysteme einsetzt, befördert man Trivialpublikationen.
  • Hennecke: Der beste Schutz gegen Plagiate sind Teams und Netzwerke. "Wissenschaft lebt nicht vom Glauben, sondern vom Zweifel: Wie bist du darauf gekommen?"
  • Donhauser: Betreuung und Bewertung einer Promotion gehören getrennt. Die größten Probleme treten bei Einzelpromotionen auf; sie selbst betreut maximal zwei Promotionen parallel. Die reine Anzahl ist kein Qualitätsmerkmal für den Betreuer.
  • Hennecke zur Bewertung mittels Kennzahlen: "Zum Bewerten einer Arbeit braucht es vor allem Fachkompetenz. Man muss die Publikation auch lesen!"
  • Donhauser über Nachwuchsperspektiven: "Die Demographie arbeitet für Sie." Früher gab es einen Überfluss an Hochqualifizierten. Diese Zeiten gehen vorbei.

Trotz durchaus interessanter Beiträge und Einsichten kam keine richtige Diskussion zustande - eher ein Sammeln von Statements.

Forum: Karriereperspektiven für Postdocs

Nach einer Mittagspause verteilten sich die Teilnehmer auf sechs verschiedene Foren, von denen ich das offenbar begehrteste "Karriereperspektiven für Postdocs" besuchte. Im überfüllten Saal sollten gleich drei Referenten Wege für Postdocs in Deutschland präsentieren.

Stefan Steckelbroeck stellte zuerst fest, dass ein wichtiger Anreiz, an der Universität bleiben zu wollen, ein "Spieltrieb" sein sollte. Er verwies darauf, dass selbst von habilitierten Wissenschaftlern nur jeder dritte eine Professur ergattere. Er berichtete aus seinem eigenen Werdegang mit Klebenbleiben, Umwegen und einer Portion Glück, ein anregender und zum Teil durchaus etwas tröstlicher Einblick. Er erläuterte Wege für Postdocs in der Wirtschaft und in der Wissenschaft, mit dem Verweis, dass ein später Wechsel jeweils wenig aussichtsreich und die Entscheidung für das Eine oder Andere mithin eine lebenslange sei. Für Auslandsaufenthalte seien, ob man das mag oder nicht, die amerikanischen Eliteuniversitäten nach wie vor der beste Türöffner nach einer Rückkehr nach Deutschland. Um sich in der Postdocphase thematisch und methodisch weiterzuentwickeln, solle man sich eine etablierte, nachgewiesenermaßen erfolgreich publizierende Gruppe suchen. Für den Postdoc an einer deutschen Universität sei die für das Fachgebiet "richtige" Universität und die "richtige" Arbeitsgruppe wichtig; Stellung und Einfluss des leitenden Professors sei der entscheidende Faktor für die weitere Karriere. Zuletzt sollte man vermeiden, zu lange an eine Stelle hängen zu bleiben, um nicht zum "Eigengewächs" zu verkommen: mit jedem Abschnitt ein Wechsel.

Tanja Rinker, Postdoc an der Universität Konstanz, folgte mit einem persönlichen Erlebnisbericht. Ein Weg über Studienwechsel und Promotion mit DAAD-Auslandsförderung führte sie an das Zukunftskolleg der Uni Konstanz, von dem sie ausführlich berichtete. Die Bedingungen dort dürften aktuell in Deutschland einzigartig sein: Aufgenommene Postdocs können unabhängig und eigenständig forschen, Arbeitsgruppen aufbauen und Projekte initiieren, es gibt ein Forschungsbudget, Förderung für die Einladung von "Senior Fellows" aus dem Ausland und eine Babysitterfinanzierung.

Das klang so phantastisch, dass ich mich nach dem Vortrag über die Aufnahmebedingungen informierte, auf die Frau Rinker leider nicht eingegangen war. Die Kehrseite: bei halbjährlicher Ausschreibung mit wechselnden Modi werden von 200 Bewerbern fünf bis sieben aufgenommen, eine Quote schlechter als 1:40 also. Förderlich seien Auslandsaufenthalte sowie eine bereits erfolgreich durchlaufene Postdoc-Anstellung.

Damit wurde der Vortrag zur Geschichte einer jungen Frau, die durch Arbeit und Glück in eine in Deutschland bisher einmalige Position mit außerordentlichen Möglichkeiten gelangt ist. Angesichts der Zahlenverhältnisse wären allerdings Geschichten von Postdocs, denen so eine Chance nicht zuteil wird, erheblich interessanter gewesen.

Prof. Giovanni Galizia, der eben dieses Zukunftskolleg an der Uni Konstanz leitet, stellte es danach selbst noch einmal als Instrument der Nachwuchsförderung vor. Der "Nachwuchskodex" der Universität ist ein beeindruckendes Dokument, das Vorbildcharakter für andere Universitäten hat. Galizia fügte richtig hinzu, dass es aber als reines Dekret wenig sinnvoll sei und also vor Ort mit Leben erfüllt werden müsse. Er forderte die Anwesenden auf, in der Postdocphase nicht einfach alles zu schlucken, sondern gute - oder wenigstens anständige - Bedingungen aktiv einzufordern: "Wo bekomme ich die Möglichkeit, auf diese Weise selbstständig zu sein?" Er forderte von Anfang an festgelegte und transparente Evaluationskriterien, sowie eine organisierte Vertretung der Postdocs insgesamt. Und ein Rat aus seinem Fazit: "Sichtbarkeit ist im wissenschaftlichen Bereich eigentlich alles."

In der anschließenden Fragerunde kam eine Nachfrage zur Bewertung des Anpassungsdruckes bei Postdocs, nichts Konträres zur Linie des betreuenden Professors zu publizieren. Galizia fand hier keine klare Entgegnung und verwies auf notwendige Transparenz. Letztendlich hängt damit auch ein noch so progressives Kolleg von der Haltung der Menschen ab, die es mit Leben füllen. Andere Nachfragen blieben vergleichsweise zahm; dem Hörensagen nach wurden in parallelen Foren durchaus die "mafiösen Netzwerke" in der deutschen Wissenschaft diskutiert.

Daniela de Ridder: Ergebnisse des KISSWIN.DE Multiplikatoren-Tags

Am Vortag fand der KISSWIN.DE Multiplikatoren-Tag statt, auf dem Verantwortliche die Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs diskutierten. "Hochschulen stehen heute im Wettbewerb um die Besten", leitete Daniela de Ridder ihre Zusammenfassung im Plenum ein, "das haben nur noch nicht alle verstanden."

Der Nachwuchs sei allerdings auch in einer "Holschuld": "Reflektieren und kommunizieren Sie, was Sie brauchen!" Betreuende müssten ihre Beratungsfunktion ernst nehmen, sich auch Doktoranden gegenüber als Personalführer verstehen und sich entsprechend fortbilden. "Das Kofferträgerverständnis gegenüber dem Nachwuchs wächst sich langsam aus."

An Fakultäten und Instituten gebe es ein Passagenproblem in Übergangsphasen, sowie Probleme mit der Durchlässigkeit. Notwendig seien Beratungsstellen, eine Kultur der Nachwuchsförderung, sowie Zeit, Raum und Anlässe für den Austausch über das Thema. Dabei dürfe es kein "Bedarf herstellen, projektieren, abbrechen" geben. Auch reine Rahmenordnungen reichten nicht aus, die Kultur müsse parallel diskursiv hergestellt werden. Hochschulleitungen attestierte der Multiplikatorentag schließlich einen Mangel an wissenschaftlichen Personalmanagement.

Zum Thema Promotion wurden Sanktionen und Anreize für Qualitätsstandards diskutiert - offen sei, ob zusätzliche, an Qualitätsmerkmale gekoppelte Gelder ein sinnvolles Instrument seien.

Persönlich sehe ich das kritisch; wenn nicht gleichzeitig das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Doktoranden und Betreuer aufgehoben wird, etwa durch die Trennung von Betreuung und Bewertung, entsteht schnell ein erheblicher Druck einer Gefälligkeitsevaluation.

Hinsichtlich der Promotion sei, so de Ridder, die Datenbasis zu beklagen: so sei etwa völlig unbekannt, wie viele Menschen in Deutschland eine Promotion beginnen, und demzufolge auch, wie hoch etwa die Abbruchquoten sind. Reporting, Monitoring und Beratung für Promovierende seien hier das Gebot der Stunde. Und schließlich gebe es noch die bisher zu wenig beachtete Frage der Wissensbilanz: mit jedem Abbruch gehen die zuvor erarbeiteten Ressourcen oft vollständig verloren, was "eine Schande" sei.

Die Politik sei aufgefordert, Fördertöpfe für die Passagen im Karriereverlauf einzurichten und die Familienorientierung zu forcieren. Als Seitenhieb verwies de Ridder darauf, dass es mitnichten einen Geburtenanstieg bei Akademikerinnen gebe, sondern die scheinbare Zunahme dadurch zustande komme, dass erstmals auch Akademikerinnen jenseits der 40 in die Statistik einbezogen würden - bis da hin wird die Familienplanung oft vertagt. De Ridder verwies auch auf den Umstand, dass der wissenschaftliche Mittelbau im Gegensatz zu anderen Positionen kein Recht auf Weiterbildungsurlaub habe.

Ihr Fazit: eine Professionalisierung des Wissenschaftsmanagementes an den Hochschulen sei dringend notwendig.

Prof. Sabina Jeschke: Lust auf Wissenschaft!

Den letzten Vortrag der Tagung bestritt die quirlige Frau Prof. Sabina Jeschke, die zu Wissensmanagement forscht und zu den Initiatoren von KISSWIN gehört. Seit erst 2 Jahren Professorin nach Juniorprofessur, stellte sie eine Liste ihrer subjektiven Top 10 aktueller Trends und Tendenzen in der deutschen Wissenschaft vor, die ich hier gerafft wiedergebe:

  1. Die Exzellenzinitiative hat die Kultur an den Hochschulen verändert - zum Guten wie zum Schlechten. Viele Auswirkungen verstehen wir noch gar nicht.

  2. Die Studierendenzahlen werden steigen und wieder sinken, mit entsprechenden Herausforderungen auf allen Ebenen.

  3. Die Investitionen in Bildung steigen: 2010 hat Deutschland erstmals das EU-Ziel von 3% erreicht und befindet sich damit in der europäischen Spitzengruppe.

  4. Die Förderalismusreform hat die Bildung endgültig in die Hoheit der Bundeslänger überführt. Für die gilt aber ab 2019 die Schuldenbremse. Die Finanzkraft des jeweiligen Bundeslandes wird damit immer wichtiger für die Bedingungen an den Hochschulen vor Ort.

  5. Die Innovationsgeschwindigkeit steigt weiter. Eine Rückbesinnung auf "Methodenlehre" wird wichtiger. Und es reicht nicht, Menschen ein Mal auszubilden und zu erwarten, dass sie dann 30 Jahre lang Innovationen produzieren.

  6. Hochlohnland Deutschland: bisher konnten wir die vergleichsweise hohen Arbeitskosten mit höchster Fertigungsqualität ausgleichen. Hier holen andere Nationen aber auf. Dadurch steigt der Druck aus der deutschen Industrie auf die Wissenschaft, was Innovationen, Optimierungen und effizientere Verfahren angeht.

  7. Humboldt meets Digital Natives: Die klassische Einheit von Forschung und Lehre erfährt eine Aufwertung. Gleichzeitig strömen die mit elektronischen Kommunikationsmedien Aufgewachsenen an die Universitäten. Sie erwarten alternative Lernkonzepte, alternative Kommunikationskonzepte. In Berufungsverhandlungen muss man sich darauf einstellen, danach gefragt zu werden.

  8. Die Internationalisierung schreitet fort. Satellitenstandorte im Ausland und englische Programme im Inland werden wichtiger. Gleichzeitig stellt sich die Frage nach einer nationalen Wissenschaftsidentität.

  9. Der Bedarf nach Managementkompetenz steigt. In Berufungsverhandlungen wird man nach Vorstellungen zur Personalweiterentwicklung gefragt werden.

  10. Ohne Interdisziplinarität geht gar nichts mehr. Die spannendsten Fragen stellen sich an den Schnittstellen. Gleichzeitig werden für die Kommunikation zwischen Mitarbeitern verschiedener Disziplinen die Soft Skills immer wichtiger. Bei der Berufung muss man sich darauf einstellen, nach Ideen zur Zusammenarbeit und bestehenden Netzwerken gefragt zu werden.

Jeschkes Fazit: Wettbewerb, Segmentierung und eine Aufwertung der Lehre sind die Schlagwörter der Stunde.

Fazit

Das KISSWIN-Projekt ist 2011 ausgelaufen, soll aber inklusive Internetplattform und Seminarreihe erhalten bleiben. Auch ein Erhalt des Tagungsformates wäre zu wünschen. Den Veranstaltern ist 2012 eine informative Tagung ohne Schönfärberei gelungen, die dankenswerterweise trotz großer Präsenz von Universitäten und Forschungseinrichtungen im Foyer nicht in eine Werbeveranstaltung mündete.

Lediglich beim Schlagwort "Förderung" aus dem Tagungsmotto blieben Wünsche offen. Ein einziges Forum zu "Überblick über die internationale Forschungsförderung" war hier zu wenig, besonders wenn in Vorträgen wiederholt auf die Notwendigkeit externer Finanzierungen verwiesen wird.

Natürlich war der Grundtenor insgesamt ein optimistischer. Dies ist einer Tagung, die sich die Nachwuchsförderung auf die Fahnen geschrieben hat und Perspektiven aufzeigen will, aber auch angemessen. Insofern bildete die KISSWIN-Tagung 2012 einen Gegenpol zu kritischen bis pessimistischen Plattformen wie etwa der Forschungsmafia. Die Lage ist, wenn man so will, schon schlimm genug, so dass man durchaus auch einmal - wie in verschiedenen Vorträgen geschehen - auf das "halb volle Glas" verweisen kann.

Alle Vorträge sowie Protokolle stehen in Kürze online auf http://kisswin.de/tagung2012.

Florian Berger, im Januar 2012